Prostschutzgesetz deutsch - Nitribitt e.V. - Treffpunkt und Beratungsstelle für Prostituierte

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Das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) ist seit dem 01.07.2017 in Kraft.
 

 
Wir informieren über die Veränderungen und beziehen uns dabei auf den Gesetzestext. Dieses ist lediglich eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuregelungen.
 
Gerne können weitere Fragen auch telefonisch an uns gerichtet werden. Die Beratungsangebote bei Nitribitt e.V. sind grundsätzlich kostenlos und anonym möglich.

 
Was steht drin im ProstSchG? Und was bedeutet das für Sexarbeitende?
 
Jede*r, der*die in der Sexarbeit arbeitet, egal ob auf der Straße, im Bordell, Zuhause oder als Escort, muss sich als Prostituierte*r anmelden. Dazu zählen auch Erotik- oder Tantra- Masseur*innen und dominante Dienstleistende (Gutachten zu Tantra-Massage als Prostitution).
 
Ausgenommen sind: Pornos, Peepshows, reine Table-Dance-Aufführungen, Web-Cam-Angebote und Telefonsex.
 
Menschen über 21 Jahren müssen die Anmeldung alle zwei Jahre verlängern; Menschen unter 21 Jahren jedes Jahr. Wer ohne Anmeldung arbeitet, muss ein Bußgeld bezahlen.
Die Anmeldung findet im Bremer Gewerbeamt statt.
 
Bei der Anmeldung muss jede*r den vollen Namen, Melde-/Zustelladresse, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, ggf. Arbeitserlaubnis und Stadt/Kommune (wo er*sie arbeiten möchte) angeben sowie 2 Fotos abgeben, in Bremen genügt zur Zeit ein Foto. Damit darf überall in Deutschland gearbeitet werden, es sei denn, ein Bundesland hat eine abweichende Regelung getroffen.
 
Bei der Anmeldung wird es ein persönliches Informationsgespräch geben. Hier soll zu den Rechten und Pflichten (z.B. Krankenversicherung, Beratungs-/Hilfsangebote, Steuern) von Sexarbeiter*innen informiert werden. Die Behörde soll bei besonderem Beratungsbedarf weitervermitteln und im Falle einer Zwangslage erforderliche Maßnahmen einleiten.
 
Zusätzlich zum Informationsgespräch bei der Anmeldung müssen sich alle Sexarbeiter*innen zu gesundheitlichen Themen wie z.B. sexuell übertragbaren Infektionen, Schwangerschaft und Drogengebrauch beraten lassen. Die Gesundheitsberatung muss alle 12 Monate wiederholt werden (bei unter 21-Jährigen alle 6 Monate). Beim Gespräch wird eine Bescheinigung ausgestellt. Diese muss zur Anmeldung als Prostituierte*r vorgelegt und bei der Arbeit immer mitgeführt werden.
 
Wenn alle Voraussetzungen für die Anmeldung erfüllt sind, wird eine Anmeldebescheinigung ("Prostituiertenausweis") ausgestellt.
 
Sie enthält: Name oder Künstler*innen-Name (Alias), ein Foto, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, die angemeldeten Arbeitsorte, den Gültigkeitszeitraum (2 oder 1 Jahr/e) und wo sie ausgestellt wurde. Erst dann darf gearbeitet werden.
 
Die Anmeldebescheinigung ("Prostituiertenausweis") muss bei der Arbeit immer mitgeführt werden. Sie gilt als Nachweis bei Kontrollen und gegenüber Betreiber*innen.
 
Die Anmeldung bekommt nicht, wer: nicht alle nötigen Unterlagen (z.B. Bescheinigung gesundheitliche Beratung) einreicht oder nicht alle nötigen Angaben macht; unter 18 Jahren ist; 6 Wochen vor der Entbindung steht; unter 21 Jahre ist und zur Sexarbeit "gebracht wird" oder "in hohem Maße fremdbestimmt" arbeitet. Für die letzten beiden Punkte gilt: es müssen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen - eine bloße Vermutung ist hier nicht ausreichend!
 
 
Neue Regelungen für Betreiber*innen
 
Wer ein Prostitutionsgewerbe betreiben möchte, muss bei der zuständigen Behörde eine Erlaubnis beantragen. Dazu zählen z.B. Bordelle, Massagesalons, Escort-Agenturen, Studios, Wohnungen, Wohnwagen und Partys.
 
Sexarbeiter*innen, die alleine in ihrer eigenen Wohnung arbeiten, brauchen diese Erlaubnis nicht.
 
Für die Erlaubnis muss unter anderem ein Betriebskonzept geschrieben und vorgelegt werden. Außerdem wird die Zuverlässigkeit von Betreiber*innen durch die Behörden geprüft.
 
Zusätzlich wird es einige bauliche Auflagen geben (z.B. getrennte Toiletten, Pausenräume, Notrufsysteme). Für Wohnungsbordelle wird das schwierig sein.
 
Sexarbeiter*innen dürfen nicht mehr in den Arbeitszimmern der Betriebe übernachten. Bordelle und Terminwohnungen brauchen dafür getrennte Schlaf- und Arbeitsräume.
 
Bestimmte Betriebskonzepte werden keine Erlaubnis erhalten, wie z.B. Flat-Rate-Bordelle und Gang-Bang-Partys, da sie laut Gesetz der sexuellen Selbstbestimmung widersprechen und der Ausbeutung Vorschub leisten.
 
Alle Betreiber*innen dürfen keine Frauen* ohne Anmeldung (und "Prostituiertenausweis") bei sich arbeiten lassen. Ansonsten verlieren sie die Erlaubnis oder müssen hohe Bußgelder zahlen.
 
Betreiber*innen müssen alle Vereinbarungen mit Sexarbeiter*innen schriftlich treffen und Quittungen über alle Zahlungen ausstellen. Außerdem müssen sie genau Buch führen, wer wann arbeitet und was verdient wird.
 
Betreiber*innen müssen Kondome, Gleitmittel und Hygieneartikel immer auslegen und auf Hygiene achten. Außerdem müssen sie Präventionsberatungen zu sexuell übertragbaren Infektionen in ihren Räumen zulassen, z.B. durch Mitarbeiter*innen von Gesundheitsämtern oder beauftragte Fachberatungsstellen.
 
 
Einige weitere Regelungen
 
Dienstleistungen ohne Kondom (oral, anal, vaginal) werden verboten. Auch Werbung dafür ist verboten. Wenn Kund*innen dagegen verstoßen, werden nur sie mit hohen Geldbußen bestraft.
 
Es ist nun ausdrücklich erlaubt, dass z.B. die Polizei zur Überwachung Geschäftsräume und sogar Wohnungen betreten darf, Einsicht in Unterlagen verlangen sowie jederzeit Personenkontrollen durchführen kann. Betreiber*innen und Mitarbeiter*innen sind zur Auskunft verpflichtet.
 
Die Anmeldedaten werden gespeichert und dürfen zur Überwachung, Informationspflicht und für Maßnahmen bei Zwangslagen an andere Stellen weitergeleitet werden, z.B. an das zuständige Finanzamt sowie die angegebenen Arbeitsorte. Wenn die Tätigkeit als Selbstständige*r ausgeübt wird, braucht es trotzdem eine steuerliche Anmeldung!
 
Wenn die Anmeldung nicht verlängert wird, müssen die dazu gespeicherten Daten spätestens nach 3 Monaten gelöscht werden.

 
 

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